Hat man noch nie etwas von Furchs Little Jane gehört, so dürfte der erste Gedanke beim Blick auf das Furch-Gigbag nicht „Klar, Akustikgitarre“ sein. Denn das Gigbag ist nur ein kleiner Rucksack mit Furchlogo. Im Moment des Öffnens wird einiges klar, denn hier erblickt ein Gitarrenkorpus das Licht der Welt. Und Saiten. Und eine Kopfplatte. Doch wo ist der Hals?

Hat man den Gitarrenkorpus, die Saiten samt Kopfplatte gefunden und greift dann in eine der Außentaschen des circa 40cm x 50cm x 17cm großen Rucksacks, so findet man einen Furch-Logo-Aufkleber und ein kleines, hellbraunes Säckchen mit Aufdruck „Accessories for your Furch“. Hier sind ein Inbusschlüssel für die Einstellung des Halsstabes, zwei Stegpins und eine Brückenunterlegscheibe zur Erhöhung der Saitenlage untergebracht. Außerdem stößt man auf einen ominösen, schwarzen Briefumschlag. Darin steckt ein silber glitzerndes Echtheitszertifikat mit Modellbezeichnung und Seriennummer. Ebenso aufgeführt sind hier die verwendeten Hölzer der vermeintlichen Gitarre. Picea abies (Alpenfichte) für die Decke, Cocobolo für Zargen und Boden, Griffbrett und Brücke aus Ebenholz, Mahagoni für den Hals. Doch wo ist der?

Ran an den Korpus

Wir heben nun den Korpus aus dem stark gepolsterten Schulranzen und siehe da, an der scheinbar für einen Vorverstärker ausgeschnittenen Zarge, haust gar kein Preamp, sondern es steht etwas Eckiges heraus. Ein Blick in das Loch riskiert, denn es wird doch wohl nicht etwa…? Doch. Im Korpus versteckt sich der Gitarrenhals.

Ausgeklügelt

Die Little-Jane-Serie ist mit einem cleveren Verriegelungsmechanismus ausgestattet, die dem reisenden Instrumentalisten den Besitz einer hochwertigen und platzsparenden Westerngitarre ermöglicht. Die in einer Seitentasche des Gigbags verstaute Kopfplatte steckt man mithilfe ihrer drei herausstehenden Metallpins mit dem Hals zusammen. Dies macht entgegen aller etwaigen Befürchtungen schon beim Zusammenstecken der beiden Einzelteile einen soliden und wertigen Eindruck. Nun führt man den Hals in die Korpusaussparung und fädelt den Hebel des Korpusses in die vorgesehene Nut am Hals ein. Letztlich nur noch mit minimalem Kraftaufwand den Hebel gedrückt und siehe da, vor uns liegt eine vollwertige, umwerfend aussehende Gitarre!

Die Decke ist aus wunderschön gemaserter Alpenfichte gefertigt, die auf den ersten Blick schlicht, bei näherer Betrachtung jedoch außergewöhnlich schön wirkt. Zargen und Boden strahlen aufgrund des attraktiv gemaserten Cocobolos, Griffbrett und Brücke bestehen aus hochwertigem Ebenholz. Zur stilgerechten Orientierung am afrikanischen Mahagonihals sind längliche, einfach sichtbare Perlmuttmarkierungen an der Seite des Fretboards angebracht. Abgerundet wird das Augenschmeicheln durch das Padouk-Binding, das Nussbaum-Purfling und durch die runde Abalonerosette.

Reine Poren

Beschichtet werden die Prachtexemplare mit einem hauseigenen, dünnen, offenporigen Finish, das zum einen das Instrument hervorragend aussehen lässt, und zum anderen das Schwingungs verhalten der exzellenten Hölzer – wenn überhaupt – nur minimalst beeinflusst.

Auf Anhieb fällt der unfassbar ausgewogene Sound auf. Nichts ist stark über- oder unterbetont und insgesamt ist der Klang rund und klar. Dem Spieler kommt zudem die für den Halstransport vorgesehene Aussparung zugute, die als ein zweites Schallloch in Richtung des Spielers funktioniert. Unerwartet positiv ist außerdem das Spielgefühl, denn im Gegensatz zu anderen Reisegitarren, hat die Little Jane trotz ihrer insgesamt kleineren Dimensionierung (Gesamtlänge 91 Zentimeter) den Hals einer normalgroßen Gitarre. Die Sattelbreite beträgt 45 Millimeter, die Gitarre ist zudem perfekt eingestellt und die Saitenlage von Haus aus superniedrig. Da freut sich der Minimalist und der Flitzefinger.

Funktioniert das alles wirklich?

Folgendes lasse ich für sich sprechen: Baut man die Gitarre auseinander und wieder zusammen, so bleibt die Stimmung größtenteils erhalten. Die Gitarre ist mit Furchs Locking-Tunern ausgestattet und für das Verschlusssystem werden ausschließlich Edelstahl und Aluminium aus der Flugzeugtechnik verwendet. Die Little-Jane-Serie ist seit über einem Jahrzehnt unverändert auf dem Markt, und die Mechanik somit etabliert und hat den Langzeittest schon lange mit Bravour überstanden. Vom Gefühl her werden wir auf diese Gitarren, mindestens jedoch auf die Überbleibsel des Mechanismus sogar noch in der Postapokalypse stoßen.

In dieser limitierten Ausführung wird die Little Jane genauso wie das Standardmodell ohne Tonabnehmer ausgeliefert, jedoch kann dieser bei Bedarf ohne weitere Korpusmodifikation nachgerüstet werden. Furch empfehlen das LR-Baggs-Element-Active-System mit Tone-Control-EAS-VTC, welches im Schalloch fernab des Sichtfeldes montiert werden kann. Unverstärkt ist die Little Jane natürlich kein Lautstärkewunder, dafür ist der Korpus schlicht zu klein. Was sie aber eben auch nicht ist, das ist eine Kompromiss-Lösung für unterwegs. Die Little Jane ist ein akustisch unverschämt knackiges und brillant aufspielendes Instrument, das vor allem beim Fingerpicking überzeugt. Die rasante Ansprache und eine luftige Wiedergabe sind ihre klaren Pluspunkte. Die Bässe halten sich im Hintergrund, punkten aber mit Präsenz und einer definierten Wiedergabe. Die 2020-Spezialserie ist übrigens auf 120 Exemplare limitiert und Furch betonen, dass in der Zukunft kein weiteres Modell in dieser Konfiguration mehr hergestellt wird.

Das bleibt hängen

An Praktikabilität und Originalität ist Furchs Little Jane ohnehin kaum zu übertreffen. Auch das 2020er-Modell ist wunderschön gearbeitet, der Schließmechanismus äußerst stabil und macht einen Eindruck für die Ewigkeit. In wenigen Sekunden ist die Gitarre einsatzbereit und sie klingt einfach super. Furch beweisen erneut, dass sie in Sachen Innovation ganz vorne mitspielen.

Author: Konst Fischer

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